An jenen Tag im Sommer 2003 kann ich mich noch sehr gut erinnern. Ich setzte mich mit meinem Notebook an den Küchentisch meiner Tante Hilde, fest entschlossen, endlich zu notieren, wie mein bisheriges Leben verlaufen ist. Nein, ich bin keine berühmte Persönlichkeit. Dennoch habe ich in den letzten Jahren, spätestens seit 1993, Erfahrungen gesammelt, die auch für andere Menschen nützlich sein können.
Als Grundlage für das Script nahm ich zwei meiner zuvor im „Lichtblick“ veröffentlichten Artikel. Der „Lichtblick“ war die Vereinszeitschrift des Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern der Angehörigen und Freunde psychisch Kranker e.V. Zu meinem Erstaunen flossen die Worte nur so aus meinem Kopf über die Tastatur in den Computer. Nach wenigen Tagen hatte ich meinen Erfahrungsbericht verfasst.
Nach der Rückkehr von meinem Thüringenurlaub präsentierte ich das Geschriebene stolz meinem Stiefvater Kurt. Ich war davon überzeugt, dass der Text druckreif war. Hatte ich doch viele Begebenheiten aus meinem Leben offen und ehrlich dargestellt. Mein Stiefvater aber sagte: „Thomas, wir werden versuchen, aus dem Bericht eine lesbare Geschichte zu schreiben, spannend und interessant. Nenn‘ Deinen Erfahrungsbericht doch ‚Lust aufs Leben‘!“
Dies war aber nur der erste Schritt. Mein Stiefvater überzeugte mich, dass die gewählte Berichtsform nicht so optimal war. Er verfasste auf Grundlage des Erfahrungsberichtes ein Exposé und wir arbeiteten später gemeinsam an der Autobiografie.
Etwas erschrocken nahm ich die Idee meines Stiefvaters für den Untertitel auf. Das Buch sollte „Ich bin schizophren – na und?“ heißen. Dieser Titel schien zwar provokant, stellt aber das Dilemma mit meiner psychischen Erkrankung dar. Die verschiedensten Diagnosen, Krankheitsbezeichnungen und Vorurteile wurden mir inzwischen nahegelegt. Am meisten stört es mich, wenn die Medien über eine Gewalttat berichten und den Täter als psychisch krank oder schizophren bezeichnen und somit das Bild verstärken, das alle psychisch kranken Menschen gefährlich und gewalttätig seien. Dem ist sicher nicht so: Wissen Sie, wie viele psychisch kranke Menschen Angst davor haben, sich zu outen? Nur aus Angst vor dummen Vorurteilen und der damit verbundenen Reaktionen der Umwelt? Es ist an der Zeit, offen über psychische Erkrankungen zu sprechen und gemeinsam Lösungen zu finden. Ich bin offen für den Prozess der Inklusion.
Wir möchten mit der Autobiografie „Lust aufs Leben: Ich bin schizophren – na und?“ aufzeigen, dass kranke Menschen durchaus nützlich für die Gesellschaft sein können. Sie soll allen Lesern den Mut geben, an sich und ihre Träume und Visionen zu glauben.
Dieser Beitrag ist Bestandteil der XinXii-Blogparade #2 „So ist mein Buchtitel entstanden“.
Hallo Thomas!
Vielen Dank für deinen interessanten Beitrag zu unserer XinXii-Blogparade!
Viele Grüße
Katja